Die Verjährungsfrist für den Anspruch auf Buchauszug beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Unternehmer dem Handelsvertreter eine abschließende Abrechnung über die diesem zustehende Provision erteilt hat, da der Buchauszugsanspruch in dem Moment entsteht, in dem der Unternehmer dem Handelsvertreter eine abschließende Abrechnung erteilt. Wird eine solche Abrechnung jedoch nicht erteilt bzw. verweigert, beginnt die Verjährungsfrist für die Erteilung des Buchauszugs nicht zu laufen. Denn es gibt keinen Grund, den Handelsvertreter zu einem rein vorsorglichen Prozess zu zwingen, allein um die Verjährung des Buchauszugsanspruchs zu hemmen. Auch ist der Prinzipal im Hinblick auf die Verjährung nicht schutzwürdig, da er es selbst in der Hand hat, den Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs mit Erteilung einer abschließenden Provisionsabrechnung fällig zu stellen und damit die Verjährungsfrist in Lauf zu setzen.

Urteil des OLG München vom 17. April 2019  – Aktz. 7 U 2711/18

 Zunächst widersprachen die Richter des 7. Senats des OLG München der Auffassung des auf Erteilung eines Buchauszuges verklagten Unternehmens, dass es ohne feststehende Pflicht zur Provisionszahlung keine Verpflichtung zum Buchauszug gäbe. Vielmehr dürfe die Erteilung des Buchauszugs „keine Vorwegnahme der Entscheidung darüber enthalten, ob das in ihm aufgenommene Geschäft auch provisionspflichtig ist oder nicht (…). Nur die zweifelsfrei nicht provisionspflichtigen Geschäfte könnten bei der Erteilung des Buchauszugs unberücksichtigt bleiben“.

Im streitgegenständlichen Fall war aber gerade keineswegs zweifelsfrei, dass – wie vom beklagten Unternehmen behauptet – Geschäfte der Beklagten mit Bestandskunden provisionsfrei bleiben sollten. Vielmehr spreche alles für und nichts gegen eine Einbeziehung der Bestandskunden. Denn aus der ausdrücklichen Bezeichnung der Klägerin in dem Handelsvertretervertrag als „Bezirksvertreter“ ergebe sich, dass die Klägerin nicht nur Provision für die von ihr selbst vermittelten Geschäfte erhalten sollte. Dies folge auch aus Ziffer 2 des Handelsvertrages, der die Beklagte verpflichtet, der Klägerin alle Kunden, mit denen sie im Vertragsgebiet Geschäftsbeziehungen unterhielt, und die mit diesen erzielten Umsätze mitzuteilen. Diese Verpflichtung sei nur dann sinnhaft, wenn der Klägerin auch ein Provisionsanspruch aus nicht von ihr vermittelten Geschäften mit Bestandskunden zustehe. Anderenfalls hätte die Beklagte nämlich keine Veranlassung gehabt, die Umsätze mit diesen Kunden der Klägerin mitzuteilen. Schließlich erstrecke Ziffer 6 des Handelsvertretervertrages die Provisionierung ausdrücklich auf „alle direkten und indirekten Geschäfte, die mit Abnehmern des (…) Bezirks abgeschlossen worden sind.“ Eine Herausnahme von Geschäften der Beklagten mit Bestandskunden lasse sich dem Handelsvertretervertrag daher nicht entnehmen.

Der Anspruch der klagenden Handelsvertreterin auf Erteilung eines Buchauszuges für den Zeitraum vom 01.08.2014 bis 14.11.2017 sei ebenfalls weder verjährt noch verwirkt.

Der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs verjähre in der regelmäßigen Frist des § 195 BGB, wobei die Frist mit dem Schluss des Jahres beginne, in dem der Anspruch entstanden, das heißt grundsätzlich fällig geworden sei und in dem der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsse. Für den Buchauszugsanspruch bedeute dies, dass die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres beginne, in dem der Unternehmer dem Handelsvertreter eine abschließende Abrechnung über die diesem zustehende Provision erteilt habe, da der Buchauszugsanspruch in den Moment entstehe, in dem der Unternehmer dem Handelsvertreter eine abschließende Abrechnung erteile. Denn dann erst erhalte der Handelsvertreter regelmäßig Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und könne beurteilen, ob es weiterer Auskünfte in Form des Buchauszugs zur Durchsetzung seines Provisionsanspruchs bedürfe. Anderenfalls würde dem Handelsvertreter zur Vermeidung der Verjährung zugemutet, seinen Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges über nicht abgerechnete Provisionen rein vorsorglich gerichtlich geltend zu machen.

Provisionsabrechnungen durch die Beklagte erfolgten jedoch im streitgegenständlichen Fall unstreitig nicht. Nach der Rechtsprechung des BGH habe damit die Verjährungsfrist für die Erteilung des Buchauszugs noch gar nicht begonnen. Der Entscheidung des BGH liege zwar der Fall eines verweigerten Buchauszugs zu Grunde. Bei bloßer Nichterteilung des Buchauszugs durch den Prinzipal ohne vorangegangene Weigerung könne aber auf Grund der gleichgelagerten Interessenlage nichts anderes gelten. Auch hier gebe es keinen Grund, den Handelsvertreter zu einem rein vorsorglichen Prozess zu zwingen, allein um die Verjährung des Buchauszugsanspruchs zu hemmen. Auch sei der Prinzipal im Hinblick auf die Verjährung nicht schutzwürdig, da er es selbst in der Hand habe, den Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs mit Erteilung einer abschließenden Provisionsabrechnung fällig zu stellen und damit die Verjährungsfrist in Lauf zu setzen.

Mangels Beginns der Verjährungsfrist werde damit die zeitliche Grenze für die Geltendmachung des Anspruchs der Klägerin nach § 87 c Abs. 2 HGB nur durch die Grundsätze der Verwirkung bestimmt. Demnach sei ein Recht verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit nicht geltend mache (Zeitmoment) und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf eingerichtet habe und sich darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht in Zukunft nicht mehr geltend machen werde (Umstandsmoment).

Es könne nach Auffassung der richter des 7. Senates dahinstehen, ob im streitgegenständlichen Fall das Zeitmoment erfüllt sei, da es jedenfalls am Umstandsmoment fehle. Denn dieses wäre nur gegeben, wenn die Beklagte sich aufgrund des von der Klägerin geschaffenen Vertrauenstatbestands in ihren Maßnahmen so eingerichtet hätte, dass ihr durch die verspätete Geltendmachung des Rechts, das heißt hier des Buchauszugsanspruchs, ein unzumutbarer Nachteil entstünde. Dafür gebe es hier aber keine Anhaltspunkte. Die Beklagte habe nämlich schon nicht vorgetragen, inwieweit sie sich in ihren Maßnahmen auf das unterbliebene Buchauszugsverlangen eingerichtet habe. Aus der Tatsache, dass die Klägerin unstreitig für den vor dem streitgegenständlichen Zeitraum liegenden Zeitraum schon eine Verurteilung der Beklagten zur Erteilung eines Buchauszugs erwirkt habe, lasse sich nicht herleiten, dass die Beklagte nunmehr davon ausgehen durfte, dass sie keinen weiteren Buchauszug für einen anderen Zeitraum mehr erteilen müsse.

Damit somit weder Verjährung noch Verwirkung vorlägen, war der Buchauszug dem Grunde nach auch für den Zeitraum vom 01.08.2014 bis 14.11.2017 zu erteilen.

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